Zu dem Begriff wohnungslos, können Personen gezählt werden, welche nicht über einen eigenen, mietvertraglichen Wohnraum verfügen. Dazu gehören auch Wohnformen, welche auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt sind, wie zum Beispiel Übergangswohnheime, Langzeitwohnheime für Wohnungslose, und ähnliches.
Zu Obdachlosen, können die Menschen gezählt werden, welche keinen festen Wohnsitz haben und auf der Straße an öffentlichen Plätzen leben.
Zu diesen Plätzen gehören beispielsweise Brücken, Verschläge, Hauseingänge, Parkbänke, Bahnhöfe, Baustellen oder die „Platte“. Auch Personen, welche die niederschwelligen Angebote, wie Nachtcafés oder Notunterkünfte nutzen, die während der Kältesaison angeboten werden, können zu diesem Personenkreis gezählt werden.
Die Folgen von Obdachlosigkeit sind vielfältig. Sie betreffen Leib und Leben sowie die Persönlichkeit des obdachlosen Menschen. Am sichtbarsten ist wohl die Verwahrlosung und Verelendung der Menschen, die auf der Straße leben. Sie zeigen sich in Krankheiten wie Erkältungen, Grippe, Hautekzeme, Eiterherde und Abszesse am ganzen Körper, innere und äußere Verletzungen (z. B. Schürfwunden und Quetschungen, Allergien, Pilzinfektionen und Frostbeulen). Auf Grund der häufig schlecht versorgten Wunden und langjährigen Verwahrlosung, kommt es immer mehr zu Personen, welche in der Mobilität eingeschränkt sind, zum Beispiel sind diese mit Krücken, Rollator oder Rollstuhl auf den Straßen Berlins unterwegs. Auch Suchterkrankungen und psychische Störungen, teilweise aufgrund des jahrelangen Suchtmittelmissbrauchs, sind häufige Begleiter des Straßenlebens.
Es gibt immer wieder Obdachlose, die trotz der niedrigen Temperaturen die Straße bevorzugen. Viele von ihnen sind mit ausreichend Decken und mehreren Schichten Kleidung ausgerüstet. Erfrierungen sind dennoch nicht auszuschließen. Vor allem dann, wenn die Menschen stark alkoholisiert sind, die Kälte nicht spüren und sich deshalb nicht warm genug einpacken. Der Tod durch Erfrieren im Winter kommt immer wieder vor!
Die elfte Wintersaison
Seit 2009/10 ist der DRK – Wärmebus Teil der Berliner Kältehilfe.Von November bis März, ist der Bus von 18Uhr bis 24Uhr unterwegs. Eine ehrenamtliche Person und eine hauptverantwortliche Honorarkraft, fahren gemeinsam zu bereits bekannten Stellen, oder zu Orten, welche Passant*innen übers Telefon mitteilen. Es werden Kleidung, Schlafsäcke, Isomatten, sowie heißer Tee ausgeteilt. Wenn die Klient*innen einverstanden sind, werden sie in Notunterkünfte gefahren.
Auf Grund der aktuellen Covid 19 Situation, welche im März 2020 verschärfte Maßnahmen erforderte, musste auch der DRK - Wärmebus die Saison früher als geplant beenden. Demnach fand am 16.03.2020 die letzte Fahrt der elften Saison statt. Weshalb kein exakter Vergleich zur vorherigen Saison gezogen werden kann, dennoch folgen die Zahlen der diesjährigen Saison.
Die Helfer*innen waren vom 01.November 2019 bis zum 16.März 2020, 135 Nächte, von 18 bis 24 Uhr im Einsatz. Sie hatten zu 1458 bedürftigen Personen Kontakt, die Zahl ist im Vergleich zur letzten Saison um 28% gesunken.
Es wurden 385 Personen in eine Unterkunft für die Nacht gefahren, das sind 21% mehr als letztes Jahr. Davon waren es 259 Männer und 126 Frauen, bei den Frauen war dies ein Anstieg um 126%. Was auch den Eindruck bestätigt, dass in dieser Saison mehr Frauen angetroffen wurden. Auch wenn bereits vielen Klient*innen die Notunterkünfte aus den letzten Jahren bekannt waren, nahmen sie dankend das Angebot an, mit dem Auto hingefahren zu werden. Teilweise weil sie stark in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder das schwarzfahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vermeiden wollten. Auch die erweiterten Angebote für Frauen wurden gut angenommen.
In den 135 Nächten, erhielten wir 751 Anrufe, in den meisten Fällen, handelte es sich bei den Anrufern um Passant*innen, die hilfebedürftige Menschen auf der Straße, in Bahnhöfen, in Hauseingängen, etc. auffinden und ihnen mit ihrem Anruf halfen, oder Informationen erfragten. Die Zahl der Anrufe, ist zum letzten Jahr um 7,75% angestiegen. Aber auch die Polizei, Krankenhäuser und Notunterkünfte kontaktierten uns häufig.
Wen haben wir angetroffen / Personenkreis
Mit der diesjährigen „Nacht der Solidarität“, welche in der Nacht vom 29.01., auf den 30.01. stattfand, ist eine erste Zählung von obdachlosen Menschen in Berlin gemacht worden. Einige Daten werden im Folgenden noch einmal genannt, da dies unsere angetroffenen Personen gut widerspiegelt.Insgesamt wurden 1976 Personen in der „Nacht der Solidarität“ angetroffen, es wurden unter anderem auf den Straßen, in den Notunterkünften und in Bahnhöfen gezählt. Bei der Straßenzählung wurden 807 Menschen angetroffen, ca. jeder dritte Person ließ sich auch befragen. Die folgenden Daten wurden auf Grundlage der befragten Menschen erhoben.
56% waren zwischen 30 und 49 Jahre alt, es wurden 39 Frauen und 243 Männer angetroffen, sechs Personen enthielten sich.
113 Personen kamen aus Deutschland, 140 aus der EU, 31 aus Drittstaaten und vier haben keine Angabe gemacht. Fast 47% der Befragten gab an seit mehr als drei Jahren keine Wohnung mehr zu haben. Es wird davon ausgegangen, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt.
Ein interessanter Vergleich, sind die Zahlen der Befragten, in den Notunterkünften. Dort lag die Altersgrenze deutlich höher, rund die Hälfte der 323 befragten Personen gab an, zwischen 40 und 64 Jahre alt zu sein.
Wie bereits in 1.0 erwähnt, haben wir viele Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen angetroffen. Auch die Altersgrenze ist, wie in der Statistik, der „Nacht der Solidarität“ zu erkennen, schwer einzuschätzen. Die Angaben des Fragebogens sind eindeutig, ca. die Hälfte der befragten Personen, gaben an seit mindestens 3 Jahren keine Wohnung mehr zu haben. Viele Menschen, leben bereits seit ihrer Jugend auf der Straße. Das Straßenleben schweißt zusammen, so trifft man häufig größere Gruppen, welche auf einander und auf deren Sachen Acht geben, wenn sie ihren Platz verlassen und „arbeiten“- schnorren gehen. Es macht den Anschein, als wenn sie gemeinsam, auf der Straße alt werden.
Es ist schwer die Personen zu beschreiben, welche angetroffen wurden. Jede Person hat eine individuelle Geschichte. Auffällig waren die körperlichen Einschränkungen der Menschen, teilweise konnten sie gar nicht alleine auf der Straße überleben und waren auf den Kumpel oder die Freundin angewiesen. Hinzu kamen Personen, die durch den jahrelangen Substanzmissbrauch sehr verwahrlost sind und starke gesundheitliche Einschränkungen haben und dringend regelmäßige, medizinische Versorgung bedürften. Aber auch Menschen, die die Helfer*innen des Wärmebusses bereits jahrelang kennen, wurden wieder besucht und mit Gesprächen, Tee und Kleidung versorgt. Denn manchmal sind ein Becher Tee und ein Gespräch, alles was die Menschen auf der Straße brauchen und wollen.
Kommunikation
Die Kommunikation zwischen den einzelnen Hilfeangeboten, im Rahmen der Kältehilfe war sehr gut. Über die vergangenen Jahre, wurde das Angebot von Nachtcafés und Notunterkünfte stetig ausgebaut und die Vernetzung wurde weiterhin verbessert. Dazu trug vor allem die Kältehilfe App der „GEBEWO“ bei, welche den Kontakt zu den rund 30 Notübernachtungen und 14 Nachtcafés erleichterte. Durch die eingerichteten Filter, konnte das Angebot auf das Individuum angepasst werden. Zu den Einstellungen zählten zum Beispiel, ob die Unterkünfte barrierefrei war, nur für Frauen oder Männer waren oder ob Haustiere erlaubt sind.Die Passant*innen hatten die Möglichkeit, die Nummer des DRK Wärmebus von 18 bis 24Uhr zu erreichen, sowie die Nummer des Kältetelefons von 19 bis 23 Uhr.
Somit war ein stetiger Austausch mit dem Kältetelefon gegeben und die Route des Abends konnte nach und nach erweitert und Personen versorgt werden. Das Kältetelefon, ist darüber hinaus auch mit dem Kältebus, der Stadtmission in Kontakt, welcher von 21-3 Uhr nachts unterwegs ist.
Die freie Kapazität in den Einrichtungen, konnte direkt bei den Einrichtungen erfragt werden, die Nummern sind ebenfalls in der App zu finden, was eine große Erleichterung der Arbeit darstellte.
Neben den Passant*innen, wurde der Wärmebus unteranderem auch von Polizei, Krankenhäusern, Wachdiensten und Notunterkünften kontaktiert. Somit wurden die Saison über, immer neue obdachlose Personen angetroffen und neue Plätze entdeckt, welche danach ebenfalls des Öfteren angefahren wurden.
Angefahrene Orte / Stationen
Die angefahrenen Orte veränderten sich stetig. So wie Berlin als Großstadt, in stetiger Bewegung ist, so verändern sich auch die Plätze der obdachlosen Personen. Am Anfang der Saison waren die Bahnhöfe Charlottenburg und Lichtenberg Anlaufstellen, wo sich viele Personen aufhielten. Des Weiteren waren die Brücken rund um den Savignyplatz beliebt, so wie der Alexanderplatz, Frankfurter Allee und die Warschauer Straße. Generell Bahnhöfe und Brücken, waren ein beliebter Rückzugsort der obdachlosen Personen, dort finden sie Schutz, Sicherheit und Essen.Dies waren häufige Orte, welche von Passant*innen genannt wurden. Aber auch diese verschwanden oder die Personenkreise minimierten sich, über die Saison. Es fand eine regelmäßige Kommunikation mit angetroffenen Personen statt, wo sich andere obdachlose Personen aufhalten, da viele versteckt unter Brücken, in Parks oder Hauseingängen liegen. Auch in Notunterkünften wurden Plätze genannt.
Durch die Erfahrungswerte der täglichen Touren wurden bestimmte Orte und Plätze häufiger und bekannte „Schlafstellen“ regelmäßig angefahren. Hinweisen aus der Bevölkerung wurden nachgegangen.
Unser DRK-Wärmebus
Durch die Initiative des Landesverbandes konnte 2012 mit Unterstützung der Lotterie Glücksspirale ein eigener VW-Bus für die DRK-Kältehilfe angeschafft werden.Der Einbau einer „Trittstufe“ an der Seitentür erleichtert den oft stark gehbehinderten Kunden den Einstieg in den Bus. Die Kabinenausstattung mit drei Sitzplätzen, deren Bezüge aus Kunststoff und damit abwaschbar sind, erwies sich als weiterhin zweckmäßig. Die Beschränkung auf drei Sitzplätze haben wir beibehalten. Die „Dynamik“ im Wagen, bei einem Transport von alkoholisierten, sich einander fremden Menschen, ist für die Mitarbeiter so leichter zu beeinflussen. Für die von unseren Kunden mitgeführten Tüten, Taschen und Rucksäcken ist ausreichend Platz vorhanden. Es ist möglich, einen Rollstuhl mitzunehmen. Im Heck des Wagens wurde für die übersichtliche Lagerung von Kleidung und warmen Getränken ein Regal eingebaut, das inzwischen mit zusätzlicher Beleuchtung zur besseren Sicht der Materialien ausgestattet wurde.
Zahlen
Kontakte: 1458davon Frauen: 373
davon Männer: 1085 Fahrten in Unterkünfte: 385
davon Frauen: 126
davon Männer: 259 Anrufe: 751 Ausgabe Kleidungsstücke: 342
Fazit
Unser Hilfeangebot wird auch weiterhin von den Betroffenen angenommen.Mitarbeitende der Notunterkünfte sowie der Fachberatungsstellen der Wohnungslosenhilfe begrüßten das Angebot und unterstützten die DRK-Mitarbeiter aktiv.
Die Kombination von ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen, die den Bus fahren und Studierende der Sozialarbeit als Honorarkräfte, mit der Aufgabe der Kontaktaufnahme zur Klientel, hat sich bewährt. Im Laufe des Projektes übernahmen auch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer erfolgreich die Aufgabe der Kontaktaufnahme und der Vermittlung des Hilfeangebotes.
Die Kommunikation unter allen Projektbeteiligten war sehr gut. Die Bereitschaft des Ehrenamtes und der Honorarkräfte, spontan einen Fahr- oder Betreuungsdienst zu übernehmen, ist hervorzuheben.
Honorarkräfte sowie ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer haben sich in der Regel durch die DRK-Einsatzjacke „Bonn 2000“ kenntlich gemacht.. Die Resonanz bei unseren „Kunden“ und bei unterstützenden Personen auf die von weitem sichtbare „Helferkleidung“ ist so vorteilhaft, dass dies auch in der kommenden Wintersaison beibehalten werden soll.
Kleidung, wie Winterjacken, Unterwäsche, Mützen, Handschuhe und Schals standen durch Spenden und Zukauf ausreichend zur Verfügung, ebenso Schlafsäcke und Isomatten. Wie in jedem Jahr ist der Bedarf an stabilen Winterschuhen höher als die zur Verfügung stehende Menge.