„Der Wald ist für uns ein Therapeut!“
90 Prozent der Frauen wollen an die Ostsee – so die Erfahrung in den Mutter-Kind-Kur-Beratungsstellen des Berliner Roten Kreuz als Trägergruppe des Müttergenesungswerks / Elly-Heuss-Knapp-Stiftung. Dass auch der Harz ein sehr attraktives Ziel und mit drei Stunden Autofahrt auch schnell erreicht ist – davon konnten sich die acht BeraterInnen aus fünf Kreisverbänden bei ihrer Fachreise vom 8.-10. Oktober selbst überzeugen.
„Die Luft hier ist schon so ganz anders als Berlin – so frisch und klar. Das tut einfach gut!“, so eine der Beraterinnen nach einem ersten tiefen Atemzug auf 550 Höhenmetern.
Die Besichtigung von vier Kliniken in Altenau, Braunlage, Goslar und Zorge und das Gespräch mit Klinikleitungen und pädagogischem, therapeutischem und medizinischem Personal stand auf dem Programm. Hierbei konnten die Beraterinnen einen detaillierten Einblick über die unterschiedlichen Angebote und Profile der Kliniken gewinnen und auch in die räumliche Gestaltung der Therapie- und Sporträume, der Apartments und Spielplätze sowie der Freizeitangebote – „Das hilft in der Beratung, um möglichst passgenau auf die Bedürfnisse der ratsuchenden Mütter eingehen zu können“, so eine Kollegin. Gesprächsthemen waren auch Fragen zum von beiden Seiten genutzten online-Buchungssystem sowie zur Finanzierung der „therapeutischen Kette“, z.B. Nachsorgeangeboten.
Eine Mutter-Kind-Kur (oder auch eine Vater-Kind-Kur, wie sie in einer der besichtigten Kliniken angeboten wird) ist eine medizinische Vorsorgemaßnahme. Sie bietet Eltern die Möglichkeit, im oft stressigen Alltag und im Spagat zwischen Kindern und Beruf wieder neue Kraft zu tanken. „Die Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, verschiedene Methoden zum Beispiel im Bereich der Stressbewältigung kennenzulernen, um herauszufinden: Was tut mir gut? Was gefällt mir? – um dies dann möglichst im Alltag weiterzuführen“, so eine Physiotherapeutin. Auf dem Programm aller Kliniken stehen daher Angebote wie Nordic Walking und Progressive Muskelentspannung, außerdem Angebote im Bereich der Erziehungsberatung. Schwerpunktmaßnahmen sind beispielsweise Rauch-frei-Trainings, Trauerbegleitung, Schmerzyoga, Akupunktur und Erlebnis- / Waldpädagogik. „Der Wald ist für uns ein Therapeut“, fasst eine Klinikleitung begeistert ihre Ausführungen zu den diversen Angeboten für Mütter und Kinder in einer Klinik zusammen, die rundherum von Wäldern umgeben ist. W-LAN funktioniert hier nur in einem Gemeinschaftsraum, draußen ist der Empfang schlecht: „Viele Mütter und auch Kinder spüren hier zum ersten Mal, wie gut es tut, nicht ständig online zu sein“.
Manche Mütter reisen mit falschen Erwartungen an: „In den letzten Jahren merken wir zunehmend, dass viele Frauen mit extrem hohen Ansprüchen kommen. Viele erwarten eine all-inclusive-Wellness-Veranstaltung mit ganztägiger Kinderanimation“, so die Erfahrung einer Klinikleiterin, die ähnlich auch in den anderen Häusern geäußert wird. „Wir müssen ihnen immer wieder vermitteln, dass eine Mutter-Kind-Kur auch heißt, Zeit mit dem Kind zu verbringen, und es nicht ganztägig im ´Kinderland` abzugeben.“ Hier kommt die Bedeutung der vorab-Beratung zum Tragen: „Wir merken es sofort, ob eine Frau über eine Beratungsstelle zu uns gekommen ist oder nicht. In den Kurberatungsstellen werden die Frauen gut vorbereitet. Sie wissen, dass sie eine medizinische Vorsorgemaßnahme erwartet und kein 5-Sterne-Hotel. Sie kommen mit realistischen Erwartungen und viel weniger offenen Fragen als die Frauen, die direkt über die Krankenkasse vermittelt werden."
Das Fazit der Beraterinnen: „Ich habe erfahren, wie wichtig meine Arbeit in der vorab-Beratung ist – das ist wirklich unser Alleinstellungsmerkmal. Das ist sehr motivierend!“ Und: „Ich berate jetzt nicht mehr nur theoretisch, sondern mit einem persönlichen Eindruck und auch einem besseren Gefühl dafür, was die Mütter in einer Kur erleben.“
Übrigens: Die Fachreise wurde aus Mitteln der Karstadt-Spendenaktion „Mama ist die Beste“ mitfinanziert. Herzlichen Dank dafür!
www.muettergenesungswerk.de
Text:
Bettina Schade
Referentin für Kinder- und Jugendhilfe beim DRK Landesverband Berliner Rotes Kreuz e.V.