Frauenpower im Ehrenamt
Zum heutigen internationalen Tag des Ehrenamtes haben wir ein Gespräch mit Marianne Pohl geführt, die sich seit 50 Jahren ehrenamtlich beim DRK in Berlin engagiert. Sie hat eine steile und außergewöhnliche Karriere im Berliner Roten Kreuz gemacht. Als erste Frau war sie in den Achtzigern stellvertretende Landes- und später Bundesbereitschaftsleiterin sowie Katastrophenschutzbeauftragte. 2016 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
“Das Schönste für mich war meine Vorreiterrolle als Frau”, sagt Marianne Pohl mit einem Lächeln im Gesicht. In 50 Jahren als ehrenamtlich sehr aktive und beispielgebende Berlinerin hat Marianne Pohl DRK Geschichte mitgeschrieben. Sei es im Alltag, im Arbeits- oder Privatleben: Marianne Pohl und das DRK gingen einen gemeinsamen Weg. 1970 trat sie dem DRK im Kreisverband Tempelhof bei und war dort zunächst als ehrenamtliche Helferin in der Sanitätsbereitschaft tätig. Wie es dazu kam, bezeichnet sie als eine recht seltsame Geschichte:
Schon ihr Vater war ehrenamtlich aktiv und ermutigte Marianne Pohl´s damaligen ersten Mann, sich auch beim DRK zu engagieren. Er folgte dem Rat und trat dem Kreisverband Tempelhof bei und brachte sich dort tatkräftig ein. Zu Hause war Herr Zimmerer dadurch allerdings viel seltener. Er fehlte seiner Frau. Sie wusste sich zu helfen. Mit der Begründung „Wenn es dort so spannend ist, dann geh ich da auch hin!“ wurde auch Frau Pohl Teil des DRK in Berlin.
Allerdings schien es anfangs nicht so ganz der richtige Ort für Marianne Pohl gewesen zu sein. Damals waren die Bereitschaftsdienste noch in Männer und Frauen aufgeteilt und somit getrennt. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Anfangs hauptsächlich, so gibt Frau Pohl unumwunden zu, weil es zu Hause zu still geworden war und sie sich ein wenig langweilte. Dies änderte sich jedoch 1973, nachdem Marianne Pohl im Landesverband einen Fernmelde-Lehrgang besuchte. Zu jener Zeit waren Bereiche wie der Fernmeldedienst noch Männer-Domänen und Frauen die Ausnahme. So kam es, dass Marianne Pohl mit erst 24 Jahren die erste Frau im Berliner Fernmeldedienst wurde. „Hier lernte ich nicht nur die theoretischen und praktischen Aspekte des Fernmeldedienstes, sondern auch was es heißt, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu haben.“
Parallel dazu arbeitete sie in der HINZ Krankenhaus-Organisation. Dort kam ihr das ausgeprägte Organisationstalent erneut zugute. Sie wollte mehr – gerade auch für die Gleichberechtigung von Frauen. So wurde Frau Pohl 1978 zur ersten weiblichen stellvertretenden Zugführerin im Fernmeldedienst. Vier Jahre später dann nahm sie die nächste Herausforderung an und wurde Ausbilderin im Fernmeldedienst. Auch hier war Marianne Pohl die erste Frau. Die Reaktion der Menschen um sie herum ähnelte sich: “Verwirrung, Staunen, aber nach einer kurzen Kennenlernphase gab es kaum noch Probleme. Die Wertschätzung war immer da, wenn auch nach anfänglicher Verwunderung.”
Ihr Engagement ließ nicht nach. 1984 wurde sie zur stellvertretenden Landesbereitschaftsleiterin des Landesverband Berliner Rotes Kreuz gewählt. Darüber hinaus wurde sie zur Katastrophenschutzbeauftragten ernannt. Sie füllte auch dieses neue Amt mit großem Fleiß, Ausdauer und Tatendrang aus. Zu den Höhepunkten in diesem Rahmen gehörte eine große Katastrophenschutzübung mit allen Hilfsorganisationen im September 2012, deren Planung in den Händen von Frau Pohl lag. Sie leistete hier großartige Arbeit. Auch das war Neuland in der DRK-Geschichte. Marianne Pohl selbst kommentierte dieses Lob mit einem Lacher und meinte: „Da habe ich die Männer glatt überflügelt.“ Von 2006 bis 2013 wurde sie zusätzlich zur stellvertretenden Bundesbereitschaftsleiterin gewählt. Das außergewöhnliche Engagement von Marianne Pohl fiel auf. Hohe Ehre wurde ihr zuteil. 2016 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Ihr Alltag bestand lange Zeit aus vielen Facetten. Da war der anstrengende Job bei der HINZ Krankenhaus-Organisation, Sitzungen im Bundesverband, montags immer Landesbereitschaft- und Katastrophenschutzsitzungen. In der ganzen Hektik stand ihr späterer Lebensgefährte immer an ihrer Seite. Und da all die vielfältigen Tätigkeiten ohne Mobilität auch gar nicht unter einen Hut zu bringen waren, unterstützte er sie als ihr ganz persönlicher “Dauerkraftfahrer”, wie sie es nennt. Frau Pohl bedauert es heute, dass sie selbst nie einen Führerschein gemacht hat. Aber alles ist eben nicht zu schaffen. Ihren Lebensgefährten hat Marianne Pohl beim DRK kennengelernt. Noch ein Teil der Geschichte. Seit 28 Jahren leben sie jetzt schon in einer glücklichen Beziehung.
Zum Ende unseres Gesprächs kam die Frage auf, was Marianne Pohls hauptsächliche Motivation ist, dem DRK schon solange verbunden zu sein. Das Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen stehe ganz oben, aber dann nennt sie auch ihren Wissensdurst und ihre Gewissheit zu einer großen internationalen „Familie“ zu gehören. Dieser war schließlich der Grund, warum sie die Ausbildung beim Fernmeldedienst einst angefangen und so erfolgreich abgeschlossen hat. „Manchmal muss man den Mut haben, etwas Neues auszuprobieren!”
Wir danken Marianne Pohl ausdrücklich für ihr besonderes Engagement und ihre beachtlichen Leistungen! Gleichzeitig zum internationalen Tag des Ehrenamtes aber auch allen anderen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Berliner Roten Kreuzes, die gerade während der aktuellen Lage Außergewöhnliches leisten und einen sehr wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie leisten!